Panzermotoren aus Friedrichshafen für Kampfpanzer in Indoniesien

10.05.2013, BERLIN/JAKARTA (german foreign policy) - Die Streitkräfte Indonesiens erhalten mehr als 150 Panzer aus Deutschland. Wie die Bundesregierung bestätigt, hat sie bereits letztes Jahr die Genehmigung für den Kriegswaffen-Export erteilt, obwohl dem indonesischen Militär brutale Operationen gegen Aufständische im Osten des Landes vorgeworfen werden. Die Niederlande hatten deswegen zuvor die Ausfuhr von Panzern an Indonesien abgelehnt. Die deutschen Lieferungen stehen einerseits im Zusammenhang mit Bemühungen, den eigenen Einfluss in Indonesien auszuweiten, das sich selbst als Führungsmacht des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN begreift. ASEAN gewinnt für die Weltpolitik immer größere Bedeutung: Zum einen boomt die dortige Wirtschaft, zum anderen trägt das sich verstärkende Bemühen der USA, den Konkurrenten China einzukreisen, zur strategischen Aufwertung Südostasiens bei. Der Pazifik und seine Anrainer gelten als künftiger Hauptschauplatz der globalen Machtkämpfe. Mit ihren aktuellen Panzerlieferungen rüstet die Bundesrepublik einen Verbündeten in diesen Machtkämpfen gegen China auf.

Kampfpanzer, Schusswaffen und Munition

Die Bundesregierung bestätigt die Genehmigung neuer Rüstungsexporte nach Indonesien. Wie aus einer Antwort der Regierung auf eine Bundestags-Anfrage hervorgeht, hat sie bereits im November 2012 beschlossen, die Lieferung von 104 Kampfpanzern des Modells Leopard 2 zuzulassen. Zuvor hatte das Parlament der Niederlande einen entsprechenden indonesischen Antrag abgelehnt. Berlin erlaubt des weiteren die Ausfuhr von 50 Schützenpanzern des Modells Marder, vier Bergepanzern, drei Brückenlegepanzern und Munition. Bereits in den vergangenen Jahren hatten deutsche Firmen nicht nur Gerätschaften für die Kriegsmarine, sondern auch Kommunikationsausrüstung sowie Maschinenpistolen und weitere Schusswaffen nach Indonesien liefern dürfen. Die Rüstungsexporte in das südostasiatische Land werden immer wieder massiv kritisiert, weil dessen Streitkräfte in der Provinz Papua mit brutaler Gewalt gegen Aufständische kämpfen und deutsche Waffen in der Vergangenheit nachweislich auch zur inneren Repression genutzt wurden.[1] Die Entscheidung des niederländischen Parlaments, die Bitte der Regierung Indonesiens um Genehmigung für den Kauf der Kampfpanzer zurückzuweisen, geht auf solche Beobachtungen zurück.

ASEAN-Führungsmacht

Die neuen deutschen Rüstungsexporte nach Indonesien zielen zum einen darauf ab, das Land ganz allgemein enger an die Bundesrepublik zu binden. Indonesien befindet sich zur Zeit politisch, aber auch ökonomisch im Aufschwung. Darauf aufbauend, weitet es seine internationalen Aktivitäten aus und sucht sich innerhalb des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN als "Führungsmacht" zu profilieren. Neben manchen anderen Kooperationen ist auch eine "strategische Partnerschaft" mit der EU im Gespräch. Berlin hat Interesse an einer engeren Zusammenarbeit, da einerseits ASEAN, andererseits insbesondere dessen Führungsmacht Indonesien im globalen Konkurrenzkampf gegen China als wichtige Verbündete gelten.[2] Andererseits erlebt Südostasien einen Wirtschaftsboom, von dem auch deutsche Unternehmen profitieren wollen. Berlin dringt deshalb seit einiger Zeit auf ein Freihandelsabkommen mit ASEAN, das bisher allerdings wegen anmaßender Forderungen der EU nicht zustande kam. Im März hat Bundeskanzlerin Merkel erklärt, ein Freihandelsabkommen mit Indonesien komme für Berlin als Zwischenlösung in Frage.[3] Tatsächlich verhandelt Brüssel auch mit anderen ASEAN-Staaten separat über Handelsliberalisierungen; zuletzt wurden derartige Gespräche mit Thailand eröffnet.

Die größte Freihandelszone der Welt

Die Bedeutung eines Freihandelsabkommens mit ASEAN oder zumindest mit einigen der ASEAN-Mitgliedstaaten lassen die Pläne für ein "ASEAN+6"-Freihandelsabkommen erkennen, über die der südostasiatische Staatenbund seit letztem November offiziell verhandelt. Den Plänen zufolge sollen die boomenden ASEAN-Staaten gemeinsam mit sechs weiteren Ländern - China, Südkorea, Japan, Australien, Neuseeland und Indien - eine riesige Freihandelszone bilden. Käme sie zustande, wäre es die größte Freihandelszone der Welt [4] - mit 3,4 Milliarden Menschen (49 Prozent der gesamten Weltbevölkerung), einem stetig zunehmenden Bruttoinlandsprodukt von - heute - gut 21,4 Billionen US-Dollar (30 Prozent des weltweiten BIP) sowie einem Außenhandelsvolumen von 12,9 Billionen US-Dollar (29,3 Prozent des globalen Vergleichswerts). Entsprechende Profitchancen verheißen die Pläne Unternehmen, die in den ASEAN-Staaten gewinnbringend operieren. Deutsche Firmen ließen zuletzt ein deutlich steigendes Interesse an Investitionen in Indonesien erkennen. Umgekehrt wären Länder, deren Firmen in Südostasien in Rückstand geraten, auf dem wohl größten Wachstumsmarkt weltweit nur unzureichend präsent.

Handelskämpfe am Pazifik

Dies wöge auch deswegen schwer, weil Ost- und Südostasien mit hohem Tempo zu einer zentralen Region weltpolitischer Auseinandersetzungen werden. Dies schlägt sich nicht zuletzt in aktuellen handelspolitischen Rivalitäten in der Region nieder. Die Verhandlungen über "ASEAN+6" sind die Reaktion der ASEAN-Staaten auf zwei alternative Freihandelsformate, die zur Zeit in Planung sind; bei diesen handelt es sich einerseits um eine ostasiatische Freihandelszone mit China, Südkorea und Japan, andererseits um das "Transpazifische Partnschaftsabkommen" (TPP), das die USA anstreben. Bei den Auseinandersetzungen geht es im Kern um die Frage, wer gestaltenden Einfluss auf die ost- und südostasiatischen Boom-Märkte gewinnt - und damit auch um die Frage, wer in Chinas Umfeld die stärkste Stellung gewinnen kann. Besonders die ärmeren ASEAN-Staaten erhoffen sich Vorteile von "ASEAN+6", während die USA vor allem wirtschaftsstärkere oder strategisch wichtige Staaten des ASEAN-Bündnisses mit Australien, Neuseeland, Kanada und drei lateinamerikanischen Pazifik-Anrainern im TPP zusammenschließen wollen.[5] Berlin und die EU spielen weder in den Planungen noch bei den Auseinandersetzungen um sie eine wahrnehmbare Rolle - eine Tatsache, die in Berlin Forderungen neuen Nachdruck verleiht, in den ASEAN-Staaten endlich stärker aktiv zu werden.

Fulda Gap des 21. Jahrhunderts

Die aktuellen Rüstungsexporte nach Indonesien zielen dabei, über allgemeine sowie über spezifisch wirtschaftliche Erwägungen hinausgehend, auch darauf ab, das Land gezielt militärisch zu stärken. Geostrategische Überlegungen spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Indonesien liegt an der Straße von Malakka, einer Meerenge, durch die ein beträchtlicher Teil des chinesischen Außenhandels abgewickelt wird, darunter ein Großteil der chinesischen Öl- und Flüssiggasimporte. Deutsche Strategen weisen darauf hin, dass die Straße von Malakka gegenwärtig in hohem Maß der Kontrolle des Westens unterliegt.[6] Außer Indonesien sind Malaysia und Singapur Anrainerstaaten. Die Bundesrepublik stärkt gegenwärtig ihre militärpolitischen Kontakte nach Malaysia; auch rüstet sie Singapur umfassend auf. Nun kommen Panzerlieferungen nach Indonesien hinzu. Spezialisten bewerten die strategische Bedeutung der Straße von Malakka außerordentlich hoch: Jüngst hieß es in Anspielung auf ein strategisch in der Zeit der Systemkonfrontation besonders sensibles Gebiet, die Meerenge könne als "Fulda Gap des 21. Jahrhunderts" eingestuft werden (german-foreign-policy.com berichtete [7]).

[1] Bonn International Center for Conversion: Länderportrait Indonesien, Dezember 2012
[2] s. dazu Die Pax Pacifica (II)
[3] s. dazu Am Pazifik und Am Pazifik (II)
[4], [5] Maren Hoepfner: ASEAN+6: Größte Freihandelszone der Welt in Planung, GIGA Focus Asien Nr. 4/2013
[6], [7] Felix Seidler: Maritime Machtverschiebungen im Indo-Pazifischen Raum: Geopolitische und strategische Trends. Kieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 33, Januar 2013. S. dazu Die Pax Pacifica (III


In einem alten Buch steht: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind." Weiter
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Papst Franziskus am 3.Juni 2019 bei einer Begegnung mit den Teilnehmenden der Vollversammlung der katholischen Hilfswerke für die Ostkirchen (ROACO).

Ähnlich Papst Franziskus auch am 21. Juni 2015: „Manager, Unternehmer die sich Christen nennen und die Waffen herstellen! Das macht mich ein bisschen misstrauisch: Sie behaupten, sie seien Christen!"  Was die Kirchen sonst zur Rüstung sagen: 1. Bischöfe, 2. Diözese, 3. GKKE, 4. Radio, 5. EKM, 6. EKHN, 7. EKD

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