Die Propaganda der Firma DIEHL

Regelmäßig einmal im Monat erscheint im SÜDKURIER und in der SCHWÄBISCHEN ein Artikel über die Firma Diehl. Die Presseabteilung der Firma Diehl schreibt einen Artikel, schickt ihn per E-mail in die Redaktionen. Die Redaktion setzt den Artikel in die Zeitung. Am nächsten Morgen liest die Bevölkerung dann wieder einmal, wie toll, wie innovativ, wie wohltätig die Firma Diehl ist. Klasse!

Machen sich die Redakteure des SÜDKURIER und der SCHWÄBISCHEN sich "nur" keine Gedanken? Oder gibt es vielleicht Verflechtungen? Besuchen die Chefs (von Diehl und von den Zeitungen) vielleicht dieselbe Sauna? Oder denselben Golf-Club? Foto: Fliegerbombe aus Marzipan "50 Jahre Lenkflugkörper", Quelle SÜDKURIER.

Aus dem SÜDKURIER vom 4. Dezember 2010

„Abonnenten besuchen Hightech-Firma Diehl“

SÜDKURIER öffnet Türen ermöglicht Abonnenten Besuch in Überlinger Hightech-Unternehmen. Sogar die Produktion des Lenkflugkörper-Systemhauses sowie des Avionik-Herstellers sind Teil der Besichtigung.

Überlingen – „Der SÜDKURIER öffnet Türen“ – bei der Firma Diehl waren es in der Tat Pforten, die dem Normalbürger sonst strikt verschlossen bleiben. Schließlich handelt es sich vor allem bei der Teilfirma „Diehl BGT Defence“ um ein Wehrtechnik-Unternehmen. Aber auch die „Diehl Aerospace GmbH“ beliefert nicht nur die zivile Luftfahrt, darunter Airbus und Boeing, mit Hightech, sondern auch das Militär. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsstandards auf dem Nußdorfer Gelände. Das spürten gleich am Eingang auch 21 SÜDKURIER-Leser, die glücklichen Gewinner der Aktion für Abonnenten. Sorgfältig überprüfte der Pförtner ihre Personalien. Und so hatte ein Leser, der ohne Anmeldung auf gut Glück dazu gestoßen war, keine Chance, über den Zugangsbereich hinaus zu kommen.

Etliche Diehl-Mitarbeiter nahmen sich viel Zeit für die SÜDKURIER-Leser, zuvorderst Paul Sonnenschein, der bei Diehl Defence die Öffentlichkeitsarbeit leitet, und Michael Hoffmann, Marketing-Chef von Diehl Aerospace. Sie gaben den Besuchern, während diese mit Getränken und Gebäck verwöhnt wurden, einen ausführlichen Einblick in die Diehl-Gruppe sowie die Produktpalette der Teilfirmen Defence und Aerospace. Das Haupterzeugnis der Ersteren ist der Lenkflugkörper IRIS-T. Er gehört zur Standardbewaffnung der Luftstreitkräfte von sechs Nationen und war hing auch während der Luftraumüberwachung anlässlich der Fußball-WM in Südafrika unter den Flügeln der Jets.

Diehl Aerospace fertigt unter dem Stichwort „Avionics“ unter anderem Elektronik für Kabinensysteme und die Flugsteuerung sowie innovative Beleuchtungssysteme, etwa für den A 380, die sogar den Jetlag verringern können. „In jedem Großflugzeug ist irgendein Diehl-Produkt drin“, sagte Hoffmann.

Anschließend gab es eine Führung durch die Produktion. Peter Lutz, Leiter der Mechanischen Teilefertigung, verstand es, die Besucher durch anschauliche Erklärungen zu fesseln. Höchste Präzision, die sich im Bereich von wenigen Mikrometern bewegt, ist gefordert. Ein Mikrometer ist ein tausendstel Millimeter und fünfmal dünner als ein Spinnwebfaden. Lutz erzählte, wie er mal Haare ließ für seine Abteilung. Dann durchbohrte man eines und zog einen Draht durch die Bohrung.

Bei Diehl Aerospace empfing Rolf Metzner, Leiter „Industrial Engineering“, die Besucher. Unter anderem zeigte er ihnen Bauteile für Airbus und Boeing sowie den von Diehl gefertigten Steuerknüppel für den Eurofighter. Danach führte er eine „Belastungskammer“ vor, in der sämtliche Bauteile getestet werden, indem man sie stundenlang extremen Temperaturen und Vibrationen aussetzt.

Zum Abschluss gab Sonnenschein anhand ausgestellter Stücke einen Überblick über die Entwicklung der Lenkflugkörper am Bodensee sowie die Firmengeschichte. Das ganze militärische Gerät mache man in der Hoffnung, dass es niemand im Ernstfall einsetzen müsse, betonte Sonnenschein. Es wäre schön, fügte er hinzu, wenn die Besucher in Erinnerung behalten würden, dass Diehl nicht nur fürs Militär sondern auch die zivile Luftfahrt arbeite.

SÜDKURIER-Lokalchef Martin Baur griff dies auf, als er für den Besuch dankte: Es sei beeindruckend, dass in beiden Bereichen „Hightech der Weltspitze in Überlingen hergestellt wird.“

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Die Propaganda der Gegenseite. Aus dem SÜDKURIER vom 26.10.2010

 

 

„Ein Glücksfall für Überlingen“

Der größte Arbeitgeber Überlingens, die Firma Diehl, feierte „50 Jahre Lenkflugkörper vom Bodensee“. Mit dabei eine „illustre Gästeschar“. 

Überlingen – Prosit auf „50 Jahre Lenkflugkörper vom Bodensee“. Mit einem „Sidewinder“ oder einem „IRIS-T“. Die Cocktails, die den Gästen zwischen Feierstunde und Buffett als Aperitif gereicht wurden, tragen die Namen der größten Hightech-Erfolgsprodukte aus der Alten Nußdorfer Straße und entstanden, damit man stilgerecht auf den Geschäftserfolg mit diesen Lenkflugkörpern anstoßen könne. Die Erfolgsgeschichte, die es zu feiern galt, begann am 21. Dezember 1960. Damals unterzeichneten Kurt Wilde (1901 bis 1968), dessen Sohn Jürgen anwesend war, und August Heinzle den ersten „Sidewinder-Vertrag“. Den Füllfederhalter von damals hatte der 90-jährige Heinzle mitgebracht.

Der Luft-Luft-Lenkflugkörper „Sidewinder AIM-9B“ war eine US-amerikanische Lizenzfertigung zur Bewaffnung von NATO-Kampfflugzeugen Wilde Firma „Bodenseewerk Perkin-Elmer“ gründete dazu das „Fluggerätewerk Bodensee GmbH“, das später zur „Bodenseewerk Gerätetechnik“ wurde, deren Abkürzung bis heute weiterlebt in „Diehl BGT Defence“. Den steinigen Weg darzulegen, wie in über vier Jahrzehnten aus dem Lizenznehmer ein „eigenständiges Systemhaus“ für Flugkörper wurde, oblag Ex-Geschäftsführer Hans-Peter Reerink in seinem Festvortrag. In der jetzigen „IRIS-T“, dem „zur Zeit mit Sicherheit besten Luft-Luft-Lenkflugkörper der Welt“ (Reerink), stecken erstmals keinerlei Lizenzreste mehr aus dem Sidewinder.

Claus Guenther, Bereichsvorstand der „Diehl Defence Holding“ begrüßte die „illustre Gästeschar“ und erinnerte in seiner knappen Rückschau auch daran, dass in diesen 50 Jahren „nicht alles geradlinig verlief“. Größtes Lob hatte Detlev Selhausen als Vertreter des wichtigsten Kunden als Geburtstagsgeschenk mitgebracht. Der „Abteilungsleiter Rüstung“ im Bundesministerium für Verteidigung verwies auf Kompetenz und Zuverlässigkeit, auf Leistungs- und Liefertreue und vor allem auf die „ehrliche Zusammenarbeit“ als wichtigste Eigenschaften eines guten Ausstatters für die Bundeswehr. „All das verkörpern Diehl und seine Vorgängerfirmen.“

Gerne hörte man in Überlingen, als Selhausen auf den derzeit angespannten Bundeshaushalt verwies und dennoch meinte: „Ich bin mir aber sicher, dass es auch in Zukunft neue Entwicklungs- und Beschaffungsprogramme mit Diehl geben wird.“ „Wir in der Luftwaffe sind mit Ihren Produkten hoch zufrieden“, sagte Generalleutnant Norbert Finster. Der stellvertretende Inspekteur der Luftwaffe überbrachte Glückwünsche und lobte „IRIS-T“, in dem er auf den Infrarotsuchkopf der neben ihm stehenden Lenkwaffe deutete: „Das ist ein exzellenter Flugkörper – deshalb wollen wir auch nie in die Situation kommen, ihn von dieser Seite zu sehen.“ Also einem derart bewaffneten feindlichen Kampfflugzeug begegnen. Bis 2012 sollen 4000 Einheiten der IRIS-T ausgeliefert sein. Von den verschiedenen Sidewinder-Typen lieferten BGT und Diehl in 50 Jahren rund 35 000 Flugkörper.

Für die Stadt sprach in Vertretung von OB Sabine Becker FDP-Stadtrat Raimund Wilhelmi. „Ja, Sie sind unser größter Arbeitgeber – und, ja, Sie sind unser größter Gewerbesteuerzahler“, stellte er die Bedeutung des Unternehmens heraus und nannte es „einen Glücksfall für Überlingen“, dass Kurt Wilde sich nach dem Krieg mit seiner Firma 1947 hier niedergelassen habe. Auch mit Blick auf das gesellschaftliche Engagement von Diehl, auf Sponsoring und innerbetriebliche Aktivitäten zur Mitarbeiterpflege bis hin zum Gesundheitstag vor wenigen Wochen meinte Klinikbetreiber Wilhelmi: „Ich finde großartig, was Sie hier machen.“

SÜDKURIER vom 23.10.2010 von Martin Baur

„Fakten bitte“

Es war gut für ein unverkrampftes Verhältnis zwischen Rathaus und dem wichtigsten Überlinger Gewerbesteuerzahler, dass FDP-Stadtrat Raimund Wilhelmi als OB-Stellvertreter beim Festakt „50 Jahre Flugkörper vom Bodensee“ ein klares Bekenntnis zur Rüstungsfirma Diehl BGT Defence ablegte. Er sei überzeugt, damit für die Mehrheit des Gemeinderates zu sprechen.

Nie habe er gedacht, dass 1989 plötzlich der Frieden ausgebrochen sei und es sei weiterhin wichtig, den Frieden zu verteidigen. Klare Worte, die man bei Diehl gerne gehört haben wird, nachdem die öffentlichen Anschüsse gegen den Hightech-Betrieb im Laufe dieses Jahres skurrile Blüten trieben.

Mit Blick auf die jeder Grundlage entbehrenden Stimmungsmache gegen Diehl BGT Defence ist das jetzige Jubiläum der gegebene Anlass, auf die Fakten zu schauen: Die „Bodenseewerk Gerätetechnik“ entstand aus dem 1960 für die Sidewinder-Fertigung gegründeten „Fluggerätewerk Bodensee“. Wer also behauptet schon die Nazis hätten in Überlingen eine Rüstungsschmiede gleichen Namens unterhalten, phantasiert schlichtweg.

Fakten bitte. Und das gilt genauso für jene die verbreiten, in Überlingen würden Waffen für Kindersoldaten hergestellt. Wer Sturmgewehre mit Lenkflugkörpern verwechselt, hat Null Verständnis für Technik.

Diehl BGT Defence entwickelt und baut in Überlingen durch intelligente, bildverarbeitende Suchköpfe gesteuerte Lenkwaffen, die von militärischem Gerät gegen anderes – angreifendes – militärisches Gerät eingesetzt werden kann. Sicher: Jede Abwehrwaffe kann auch zum Angriff eingesetzt werden. Aber damit sind wir mitten drin in einer philosophischen Grundsatzdebatte über Krieg, Frieden und Waffen. Indes darf man selbstverständlich kritisch fragen, was da genau an der Alten Nußdorfer Straße entwickelt und produziert wird. Wer aber rein ideologisch Front gegen Diehl macht, der handelt gerade in dieser Stadt äußerst fragwürdig. Denn ob Schulmensa, ob neuer Spielplatz, ob Straßengestaltung oder Vereinszuschuss. Ohne Steuerzahler Diehl gäbe es das schon seit Jahren nicht mehr. Denn die Firma ist nicht nur der wichtigste Gewerbesteuerzahler, sie füttert die Region auch indirekt. Leider hüten Rathaus und Diehl die Zahlen gut. Und beim Finanzamt hält man noch dichter. Aber wie meinte doch Diehl-Bereichsvorstand Claus Guenther bei der Begrüßung von Klaus Seifarth, dem Leiter des Finanzamtes Überlingen: „Seien Sie hier an den Quellen Ihrer Freude willkommen.“

Ohne Diehl wäre die Stadtkasse leer. Deshalb ist es erfreulich, dass OB Sabine Becker in dem Unternehmen das positive Image hat, „keinerlei Berührungsängste zur Rüstungsindustrie“ zu haben, wie es gestern auch offiziell hieß, als sie entschuldigt wurde wegen der Klausurtagung des Gemeinderates. Kein Zweifel, Raimund Wilhelmi hat seine Sache ganz hervorragend gemacht, bevor auch er nach Isny abreiste. Angesichts der Bedeutung dieses Jubiläums wäre es trotzdem wichtig gewesen, dass die Oberbürgermeisterin sich kurz sehen lässt. Auch mit Blick auf die Prominenz aus dem Verteidigungsministerium und der Luftwaffe. Aus deren Sicht muss auch die Loyalität einer Kommune zu einem Lieferanten ein Standortfaktor sein. Und Wirtschaftsförderung soll doch laut Becker grundsätzlich Chefsache sein.


In einem alten Buch steht: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind." Weiter
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Papst Franziskus am 3.Juni 2019 bei einer Begegnung mit den Teilnehmenden der Vollversammlung der katholischen Hilfswerke für die Ostkirchen (ROACO).

Ähnlich Papst Franziskus auch am 21. Juni 2015: „Manager, Unternehmer die sich Christen nennen und die Waffen herstellen! Das macht mich ein bisschen misstrauisch: Sie behaupten, sie seien Christen!"  Was die Kirchen sonst zur Rüstung sagen: 1. Bischöfe, 2. Diözese, 3. GKKE, 4. Radio, 5. EKM, 6. EKHN, 7. EKD

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