Der Diözesanrat Rottenburg-Stuttgart erhebt Einspruch gegen die seit Jahren steigenden Rüstungsexporte aus Deutschland. So ist der Umsatz mit Kriegswaffen nach dem Rüstungsexportbericht 2011 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) von 2009 mit 1,3 Milliarden Euro auf 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2010 und damit um über 50% gestiegen. Der Diözesanrat sieht in der Lieferung von Waffen und Rüstungsmaterialien in politische Spannungsgebiete und an Regime, die Menschenrechte grob verletzen und gewaltsam gegen Op-positionsbewegungen im eigenen Land vorgehen, eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und damit einen Verstoß gegen die im Grundgesetz verankerte Friedenspflicht (Art 26,1).

Insbesondere Entwicklungsländer werden durch den Rüstungshandel in eine Schuldenspirale getrieben. Doch auch von der Überschuldung europäischer Länder wie Portugal und Griechenland hat Deutschland profitiert, indem es die Lieferung von U-Booten an diese Länder noch im Jahr 2010 ermöglicht hat. Darauf haben die deutschen Kirchen in ihrem Rüstungsexportbericht im Dezember 2011 hingewiesen.

Als Christen sehen wir uns dem Frieden, der Solidarität und der Gerechtigkeit unter den Völkern verpflichtet. Wir erwarten von den Verantwortlichen für Politik und Wirtschaft unseres Landes, dass sie diese Grundsätze ebenfalls achten und zur Richtschnur Ihres Wirkens machen. „Angola braucht keine Waffen, sondern einen Friedensprozess!“ Mit klaren Worten äußerte unser Bischof Dr. Gebhard Fürst im Juli 2011 sein Unverständnis über die Absicht der Bundesregierung, das westafrikanische Land mit Patrouillenschiffen zu beliefern. „Waffen sind das Letzte, was ein Land braucht, in dem der überwiegende Teil der Bevölkerung in Elendsquartieren und in bitterer Armut lebt …“, so der Bischof.

Ausdrücklich erklären wir unsere Solidarität mit den Opfern des Rüstungshandels, mit denjenigen, insbesondere Kindern, die unmittelbar Opfer dieser Waffen sind und in Krieg und Vertreibung leibliche und seelische Verletzungen bis hin zum Tod erfahren, und mit allen, denen durch Rüstungsausgaben die Entwicklung ihres Landes und damit auch Bildung, Ernährung, Gesundheit und soziale Sicherheit verwehrt werden. Als Mitglieder der Menschheitsfamilie sehen wir uns verpflichtet, dazu beizutragen, dass ihre Würde wieder aufgerichtet wird, sie Hilfe und Unterstützung erfahren, ihre Zukunft ermöglicht und gesichert wird.

Wir verlangen, dass sich die Außenhandelspolitik unseres Landes weltweit dem Gemeinwohl und der Würde der Menschen verpflichtet und nicht einer Kultur des Lebens und der Gewaltlosigkeit in der Beziehung zwischen Völkern zuwider läuft. Deshalb dürfen Rüstungsexport-Entscheidungen menschenrechtliche und entwicklungspolitische Kriterien nicht verletzen und nicht vorrangig nach wirtschaftspolitischen oder Bündnisinteressen entschieden werden. Die internationale Verantwortung unseres Landes verlangt, dass die Regierung an erster Stelle zur zivilen Krisenprävention beiträgt und nicht zur Aufrüstung von Krisenregionen.

Deshalb fordern wir auch die Einhaltung der „Gemeinsamen Regeln für die Kon-trolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ des Europäischen Rates vom 08. 12. 2008“. Darin werden Ausfuhrverweigerungen vorgesehen:

  • wenn Exporte in den Empfängerländern zur internen Repression oder zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden können
  • schwere Menschenrechtsverletzungen festgestellt wurden,
  • wenn durch Exporte Spannungen oder Konflikte in diesen Ländern oder ge-genüber anderen verschärft werden
  • wenn sie die nachhaltige Entwicklung der Länder beeinträchtigen.

Wir unterstützen die Kampagne „Aktion Aufschrei. Stoppt den Waffenhandel“, die im vergangenen Jahr von kirchlichen und anderen Organisationen gegründet wurde und treten dem Aktionsbündnis dieser Kampagne bei. Ihr Ziel ist es, Druck gegen die deutsche Praxis des Rüstungsexportes aufzubauen und Alternativen zur Rüstungsproduktion aufzuzeigen. Dazu gehört, eine grundsätzliche Veröffentlichungspflicht aller geplanten und durchgeführten Exporte von Kriegswaffen und Rüstungsgütern durchzusetzen, um so öffentliche Diskussionen und parlamentarische Entscheidungen überhaupt zu ermöglichen. Mittelfristig gehört dazu auch die Aufnahme eines grundsätzlichen Verbotes von Rüstungsexporten durch eine Klarstellung des Grundgesetzartikels 26 (2).

Kloster Schöntal, 16. März 2012   [Das Gruppenfoto mit Fahne finden Sie hier in groß.]

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Hier die dazu gehörende Presseerklärung:

Diözesanrat für strenge Rüstungsexportkontrolle

Schöntal. 16./17. März 2012. Soziale Gerechtigkeit war das Schwerpunktthema der Sitzung des Diözesanrats Rottenburg-Stuttgart am Freitag und Samstag im Kloster Schöntal. Die Vertretung der Katholiken in Württemberg beschloss den Beitritt zum Aktionsbündnis „Aktion Aufschrei. Stoppt den Waffenhandel!“ und verabschiedete einstimmig eine Erklärung gegen die derzeitige deutsche Praxis bei den Rüstungsexporten. Er mahnt darin die Einhaltung der „Gemeinsamen Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ des Europäischen Rates vom 8. Dezember 2008. Die Bundesregierung fordern die Katholiken auf, sich vorrangig für eine zivile Krisenprävention zu engagieren und Rüstungsexport-Entscheidungen „nicht vorrangig nach wirtschaftspolitischen oder Bündnisinteressen“ zu treffen, sondern Kriterien des Menschenrechts und der Entwicklungspolitik zu berücksichtigen.

„Der Diözesanrat sieht in der Lieferung von Waffen und Rüstungsmaterialien in politische Spannungsgebiete und an Regime, die Menschenrechte grob verletzen und gewaltsam gegen Oppositionsbewegungen im eigenen Land vorgehen, eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und damit einen Verstoß gegen die im Grundgesetz verankerte Friedenspflicht“, heißt es in der Erklärung der württembergischen Katholikenvertretung. Sie moniert, der Rüstungshandel treibe insbesondere Entwicklungsländer „in eine Schuldenspirale“, habe aber auch zu der Überschuldung europäischer Staaten beigetragen. So habe Deutschland noch 2010 von U-Boot-Lieferungen an Portugal und Griechenland profitiert. „Wirtschaftlicher Profit steht vor der Achtung der Menschenwürde und des menschlichen Lebens“, kritisierte die Vorsitzende des Diözesanausschusses Eine Welt, Brigitte Willbold-Mulach aus dem Dekanat Schwäbisch Hall. Aus den Rüstungsexporten resultierten „hohe Gewaltpotentialentladungen, unsägliches menschliches Leid, Zerstörung von Entwicklungsmöglichkeiten und politische Instabilitätslagen“. Michael Yongha Boh, kamerunischer Student in Stuttgart, berichtete eindrücklich über seine persönlichen Erfahrungen mit militärischen Waffen und die Auswirkungen der Waffenexporte in afrikanischen Ländern. Boh zeigte an Beispielen aus Afrika auf, dass Waffenexporte keinen Frieden schaffen, sondern Konfliktsituationen verschärfen, weil sie diktatorische Regierungen oder gewalttätige Rebellen stärken.

Willbold-Mulach erinnerte: „Die Christliche Soziallehre und das Grundgesetz mahnen uns zur Friedenspflicht.“ Bischof Gebhard Fürst mahnte insgesamt ein geschärftes Bewusstsein für die weltweiten Konsequenzen unseres Lebensstils an. Er erinnerte daran, dass „Fragen des glaubwürdigen Lebensstils der Kirche als ganzer und der Kirchenmitglieder“ ausdrückliches Thema des aktuellen Dialogprozesses in der Diözese sei. Das Thema Soziale Gerechtigkeit ist einer der vier diözesanen Schwerpunkte für die Jahre 2011 bis 2014.

Der Export deutscher Rüstungsgüter habe sich von 1,3 Mrd. Euro 2009 auf 2,1 Mrd. Euro 2010 fast verdoppelt, erläuterte Odilo Metzler, Mitglied der Arbeitsgruppe AG Rüstungsexporte und der Kommission Friedenspolitik von Pax Christi Deutschland. Deutschland stehe nach den USA und Russland weltweit an dritter Stelle der Waffenexporteure. Dies hänge auch mit dem Genehmigungsverfahren in Deutschland zusammen, das eine parlamentarische Kontrolle vermissen lasse, erklärte Metzler. Weder müsse der Bundestag zustimmen noch sei der Bundessicherheitsrat gegenüber Parlament oder Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig.

Der Diözesanrat beschloss einstimmig den Beitritt zum Aktionsbündnis der Kampagne „Aktion Aufschrei. Stoppt den Waffenhandel“. Angesichts der Rüstungsindustrie in Baden-Württemberg, in der rund 7000 Arbeitnehmer allein in der Bodenseeregion beschäftigt sind, teilt der Diözesanrat auch den Ansatz des Aktionsbündnisses „Aktion Aufschrei“, Alternativen zur Rüstungsproduktion aufzuzeigen…

17. März 2012, Autorin: Geschäftsstelle Diözesanrat, Jahnstraße 30, 70597 Stuttgart, Telefon 0711 9791-213/214, Fax 0711 9791-154, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit Cäcilia Branz, Telefon 0711 9791-261, SA/SO Tel. 07121 210987 (AB), cbranz@bo.drs.de


In einem alten Buch steht: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind." Weiter
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Papst Franziskus am 3.Juni 2019 bei einer Begegnung mit den Teilnehmenden der Vollversammlung der katholischen Hilfswerke für die Ostkirchen (ROACO).

Ähnlich Papst Franziskus auch am 21. Juni 2015: „Manager, Unternehmer die sich Christen nennen und die Waffen herstellen! Das macht mich ein bisschen misstrauisch: Sie behaupten, sie seien Christen!"  Was die Kirchen sonst zur Rüstung sagen: 1. Bischöfe, 2. Diözese, 3. GKKE, 4. Radio, 5. EKM, 6. EKHN, 7. EKD

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